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HHP Blog

Das Phänomen der „Verdoppelung der Gemeinnützigkeit“

Die steuerlichen Grundregelungen zur Gemeinnützigkeit bedingen, dass eine Körperschaft einen nach dem Gesetz (§§ 34 ff. Bundesabgabenordnung [BAO]) begünstigten Zweck unmittelbar selbst verwirklichen muss, um in den Genuss der abgabenrechtlichen Begünstigungen der Gemeinnützigkeit zu kommen. Diese unmittelbare Zweckverwirklichung kann gemäß § 40 Abs. 1 BAO auch durch einen Erfüllungsgehilfen erfolgen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der Erfüllungsgehilfe bereits durch diese Gehilfentätigkeit auch die Voraussetzungen für die abgabenrechtlichen Begünstigungen erfüllt oder ob dafür eine gesonderte (von der reinen Gehilfentätigkeit verschiedene) begünstigte Tätigkeit erforderlich ist. Folgendes Beispiel: Ein nach den §§ 34 ff. BAO gemeinnütziger Verein betreibt ein Pflegeheim; das Gebäude samt Grund und Boden ist im Eigentum des Vereins. Der operative Betrieb des Heims wird nun in eine GmbH verlagert, die im alleinigen Eigentum des Vereins steht (z.B. durch Einbringung nach Artikel III Umgründungssteuergesetz). Grund und Boden verbleiben im Eigentum des Vereins, der künftig lediglich die Liegenschaft und die Beteiligung an der Betriebs-GmbH verwaltet. Nach § 40 Abs. 1 BAO kann sich eine Körperschaft zur Verwirklichung begünstigter Zwecke eines Erfüllungsgehilfen bedienen, wobei erforderlich ist, dass das Wirken des Dritten wie das Wirken des Vereins zu sehen ist. Das wiederum hängt von der Ausgestaltung des Betriebsführungsvertrages bzw. der gesellschaftsrechtlichen Weisungsgestaltung ab. Im Beispielfall wird die Betriebsführung des Dritten durch den 100%-Eigentümer-Verein bereits gesellschaftsrechtlich bestimmt, weshalb nach Ansicht des Finanzministeriums die unmittelbare gemeinnützige Tätigkeit des Erfüllungsgehilfen zugleich auch eine eigene Gemeinnützigkeit des Erfüllungsgehilfen bewirkt, unabhängig davon, ob dieser weitere gemeinnützige Tätigkeiten ausübt. Die allgemeinen formalen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit müssen natürlich auch bei der GmbH erfüllt sein, wie beispielsweise die Festschreibung der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke im Gesellschaftsvertrag (einschließlich der Tätigkeit als Erfüllungsgehilfe einer anderen Körperschaft), die Gewinnausschlussregelung, eine gemeinnützigkeitskonforme Auflösungsbestimmung, etc. Beim auslagernden Verein wiederum muss in den Statuten verankert sein, dass sich dieser eines Erfüllungsgehilfen überhaupt bedienen kann. Als Resultat der Auslagerung des unentbehrlichen Hilfsbetriebes „Pflegeheim“ können beide Körperschaften aus derselben Betätigung eine abgabenrechtliche Begünstigung ableiten, wodurch es im Endergebnis zu einer „Verdoppelung der Gemeinnützigkeit“ kommt. Dieser Umstand kann in der (strategischen) Planung von Vereinstätigkeiten Berücksichtigung finden, insbesondere auch dann, wenn z.B. aus Risikogesichtspunkten eine Trennung von Liegenschaftsvermögen und operativem Betrieb angestrebt wird und zudem die Vereinseinnahmen weiterhin aufgrund der Gemeinnützigkeit abgabenrechtlich begünstigt sind und keiner laufenden Besteuerung unterliegen.   Dieser Beitrag wurde in unserer Zeitschrift Tax Artist 2020 veröffentlicht.